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LaGSus / Teilprojekte / Tura
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Wer sind die Tura?


Die Tura leben im gebirgigen Teil des Westens der Elfenbeinküste, nördlich der Stadt Man, der „Hauptstadt des Westens“, ein bis zwei Stunden Sandpiste von der Dreiländerecke entfernt, an der sich die Staatsgrenzen der Elfenbeinküste, Liberias und Guineas treffen, zwischen dem 7. und 8. Grad nördlicher Breite und dem 7. und 8. Grad westlicher Länge.
Das Turagebiet ist 650 km von Abidjan, der wirtschaftlichen Metropole der Elfenbeinküste entfernt. Seine 52 Dörfer gehören administrativ zum Departement Biankouma. Der gleichnamige Distrikthauptort, 40 km nördlich von Man an der nach Bamako, der Hauptstadt Malis, führenden Transnationalen gelegen, ist Eingangstor zum westlichen und nördlichen Teil des Turagebiets und zugleich wirtschaftlicher Magnet und Lebensader des nach Westen orientierten Gebietsteils.
Der Zugang zum südlichen und südöstlichen Teil, in dessen Bereich vor einigen Jahren die Unterpräfektur Gbonné errichtet wurde, erfolgt in ähnlicher Weise über Stichstrassen, die von der west-östlich verlaufenden Transversalen Man-Séguéla her ins Gebirge stossen.

Die Sprache der Tura, das Wεεn (sprich „wεε“), auch Tura (französisch Toura) genannt, wird von schätzungsweise 60.000 bis 80.000 Menschen als Alltagssprache verwendet. Ein statistisch nicht klar bestimmbarer Prozentsatz der turasprachigen Gesamtbevölkerung ist allerdings schon in der zweiten Generation in der „Diaspora“ ansässig, vor allem in Abidjan und anderen Städten des Südens, doch bleibt der Zusammenhalt zwischen Stadt und Dorf identitätsbestimmend und aus wirtschaftlichen und ideellen Gründen unaufgebbar.

Sprachproben:
He_buys_wine_Il_achète_du_vin.mp3
He_buys_salt_Il_achète_du_sel.mp3
Waveform [Speech Analyzer]


In klimatischer Hinsicht ist das Turagebiet zweigeteilt: der südliche Teil mit Erhebungen bis zu 1100 Meter gehört zur Regenwaldzone wie sie für die südliche Hälfte der Elfenbeinküste charakteristisch ist. Das nördliche Turagebiet, das von Westen nach Osten vom Bafing , einem Nebenfluss des Sassandra, durchquert wird, ist seinen physischen Merkmalen nach der Savanne der nördlichen Elfenbeinküste zuzurechnen. Das Siedlungsgebiet der akephal verfassten Tura konstituiert sich nicht in erster Linie politisch – die Dorfältesten sind (ausser dem Ahnenpriester) keiner übergeordneten lokalen Gewalt Rechenschaft schuldig - , sondern über humanökologische Faktoren - gemeinsame Ressourcennutzung, gemeinsame Sprache, materielle und kulturelle Symbiose und gemeinsame Feste usw. - als territoriale Einheit mit dual ausgeprägter natürlicher Ökologie.

Schon aufgrund seiner Topographie bildet das Turaland eine schwer zugängliche Enklave. In der Regenzeit sind die meisten Pisten unbefahrbar. Die für den wirtschaftlichen Aufschwung ungünstige Lage hat sich indessen in Krisenzeiten als Vorteil erwiesen - so schon Ende des 19. Jahrhunderts, als der Ansturm der Armeen Samorys an den Berghöhen der „Monts Toura“ zum Stillstand kam. So auch wieder beim Ausbruch des Bürgerkriegs am 19. September 2002: Die Tura befinden sich zwar geographisch gesehen im Herzen des Konfliktgebiets, sind aber dank der Entlegenheit ihres Wohngebiets von unmittelbaren Kampfhandlungen weitgehend verschont geblieben. In den Monaten nach Ausbruch der Kämpfe im Westen wurde überdies zahlreichen Vertriebenen ohne Rücksicht auf politische und ethnische Zugehörigkeit in den Dörfern Gastrecht gewährt, ebenso vielen Tura aus der städtischen Diaspora.

Die bereits vor dem Krieg als Folge des Zerfalls der Weltmarktpreise für Kaffee prekär gewordene wirtschaftliche Lage der Tura hat sich durch das andauernde Bürgerkriegspatt nochmals radikal verschlechtert. Dies hat auch Auswirkungen auf das ökologische Gleichgewicht. Besonders deutlich wird das Zusammenspiel von wirtschaftlicher Bedrängnis und Umweltzerstörung am Beispiel der massenweisen Herstellung von Besen aus jungen Ölpalmen - dem angeblich einzigen Weg, um nach dem Zusammenbruch des Kaffee- und Kakaoexports und dem Verlust der Kaufkraft auf den lokalen Märkten zu ein wenig Geld zu dem für die Alltagsbedürfnisse Notwendigen zu kommen, um den Preis der Zerstörung einer einmaligen natürlichen Ressource.

Können die von jeher bestehende wirtschaftliche Randlage und die durch die aktuellen Ereignisse verstärkte Notlage der Tura im Endeffekt in einen Entwicklungssprung verwandelt werden? Das Projekt LaGSus-Tura geht hoffnungsvollen, im lokalen Denken verankerten Gegenstrategien nach, die auch für andere Rand-, Rückzugs- und Krisengebiete von Interesse sein könnten.

Wichtige Entscheidungen, ob sie den Clan, das Dorf oder ein Entwicklungsprojekt betreffen, fallen in der Palaverhütte. Sie ist das geistige Zentrum des Lebens, an dem das lokale Wissen sich mit importiertem innovativem Wissen zu zukunftsweisenden Lösungen verbinden kann. An der Palaverhütte vorbei führt auch heute noch kein Weg zur Nachhaltigkeit.


Turaberge


Teamkollegen, Abidjan


Das Dorf Kpata


Gbogbo Bamba, Chef von Kpata (1964)


Gbogbos Enkel (2004)


Diaspora Damen


Blick von Gaote


Bafing


Strassen


Bremsversagen


So geht's auch


Politische Karte


Palmbesen


Tura think tank
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